Interventionen (3)

Interventionen (3)

Die hier beschriebenen Interventionstechniken sind vom Irritationsniveau schon ein bisserl höher als die in Teil 2 beschriebenen. Je höher das Irritationsniveau, desto sicherer muss ich mir in der Anwendung dieser Techniken sein, da ich ja die gute Beziehung zu meinem Gegenüber, die unbedingt vorhanden sein muss, nicht überstrapazieren möchte.

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Personifizieren

Bei körperlich beschreibbaren Symptomen ist es oft hilfreich, die betroffenen Organe selbst zu Wort kommen zu lassen. Unsere Sprache ist ja reich an entsprechenden Redewendungen – „Das liegt mir wie ein Stein im Magen“, „Da platzt mir der Kragen“, „Das lastet auf meinen Schultern“ und so weiter.

„Das ganze ist wie ein riesen Gewicht, das ich auf den Schultern herumschleppen muss.“ – „Und was sagen Deine Schultern dazu?“

Gesprächsausschnitt

Durch das Personifizieren kommt einerseits ein Perspektivenwechsel zustande, gleichzeitig wird eine gewisse Distanz geschaffen, was durchaus erleichternd sein kann.

Erklärungen anbieten

Normalerweise gebe ich während eines idiolektischen Gespräches wenig bis gar nichts Eigenes an Wissen und Erfahrung dazu. Manchmal mache ich da aber eine Ausnahme – wenn z.B. ein Verhalten als problematisch empfunden wird, das sich aber durch z.B. archaische Relikte erklären lassen kann.

„In solchen Situationen beginnt mein Herz zu rasen, das muss ich dann ganz tief und bewusst atmen… ist voll unangenehm, das kannst Du mir glauben.“ – „Magst Du was zu diesem Herzrasen hören, was mir dazu einfällt?“ – „Hmm… ja, gut.“ – „Also, …“

Gesprächsausschnitt

Es kann entlastend wirken, eine neue Interpretation eines Verhaltens zu hören. Manchmal kann man auch sein Gegenüber direkt fragen, ob er über ein entsprechendes Wissen verfügt:

„In solchen Situationen beginnt mein Herz zu rasen, das muss ich dann ganz tief und bewusst atmen… ist voll unangenehm, das kannst Du mir glauben.“ – „Und was meinst Du… gibt es Situationen, in denen Herzrasen sinnvoll sein könnte?“

alternativer Gesprächsverlauf

Die andere Seite

David Jonas spricht hier auch von „der Kehrseite der Medaille“, wenn ich mich recht erinnere. Wir fragen also quasi nach der anderen Seite der Medaille, nachdem uns die eine beschrieben wurde.

„Es ist schon ziemlich mühselig, weißt Du… Da jeden Tag dafür die Energie aufbringen, das ist schon hart irgendwie, fällt mir manchmal richtig schwer, weißt Du…“ – „Und wenn es Dir leicht fallen würde, was wäre dann?“

Gesprächsausschnitt aus der Erinnerung

Kristallisationspunkte erzeugen

Hinter diesem Begriff (den Du wohl vergeblich in der Literatur suchen würdest) verstecken sich für mich eine Reihe an Interventionen, die mein Gegenüber zu klaren Aussagen verleiten. Was für Beispiele fallen mir dafür ein… mal sehen:

Übertreibung mit angehängter Provokation

„Irgendwie komme ich mit dem ganzen schon klar, ich meine… ja, ich hab mich arrangiert und bin eigentlich ganz zufrieden.“ – „Das ist ja ein großartiges Arrangement… Wo ist dann das Problem?“ – „He, ich hab nie gesagt, dass es großartig wäre! …“

Gesprächsausschnitt aus der Erinnerung

Bei der Übertreibung lasse ich sozusagen die einschränkenden Aussagen weg („im großen und ganzen“ und „eigentlich“) und lege noch ein Schäuferl nach bis hin zur provokanten Frage, wo denn dann das Problem sei. Dazu ist anzumerken, dass mein Gegenüber immer wieder betonte, wie schwer die Situation für ihn sei, und dass er sich halt arrangiert hätte. Beim ersten Auftreten einer solchen Aussage wäre eine derartige Intervention aus meiner Sicht nicht angemessen!

Advocatus Diaboli

Hier nehme ich ganz bewusst die Gegenposition zu dem Gesagten ein. Dabei ist eine gewisse Vorsicht geboten, denn es könnte ja bei den Gesprächspartnern so ankommen, als würde ich sie nicht ganz ernst nehmen oder argumentativ auf die Probe stellen wollen. Diese Technik kann man auch wunderbar anwenden, wenn der Gesprächspartner z.B. eine Lösung für ein Problem gefunden hat – dadurch, dass ich hier die Position des alten Verhaltens einnehme und argumentiere, können eventuell weitere, bislang noch nicht sichtbar gewordene Aspekte Berücksichtigung finden.

Widersprüche aufzeigen

Üblicherweise werde ich meine Gesprächspartner nicht auf Widersprüche hinweisen, die sich aus deren Aussagen ergeben. Der Mensch ist ein durchaus mit Widersprüchen behaftetes Wesen, und es ist nicht nötig, dass wir das einander ständig unter die Nase reiben.

Als Interventionstechnik dagegen -also sparsam angewandt, in einem Gespräch, das bereits von einer vertrauensvollen Beziehung getragen wird- kann ein solcher Hinweis dazu führen, dass eine Situation oder widerstreitende Gefühle oder Bedürfnisse nochmals angesehen werden. Oft führt eine derartige Intervention zu einer Klärung der Rahmenbedingungen, innerhalb derer die eine oder andere Aussage zutrifft.

„Jetzt kenne ich mich nicht aus… vorhin hast Du erzählt, wie gerne Du in Deiner Werkstatt stehst, welche Freude Dir das macht… und jetzt höre ich Dich sagen, du bist unsicher, ob die Werkstatt das Richtige für Dich ist oder nur ein Hirngespinst? Kannst du mir das nochmals erklären?“

Gesprächsausschnitt aus der Erinnerung

Und weil es so gut passt: Eine Auflistung etlicher Interventionstechniken findet sich im Buch „Idiolektik: richtig fragen“ (Horst Poimann, ISBN 978-3-930823-70-3), ergänzt von kleinen Gesprächsbeispielen.

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