Wie wirken sich idiolektische Gespräche für Dich als Begleiter aus?

Wie wirken sich idiolektische Gespräche für Dich als Begleiter aus?

Diese Frage kam vor einigen Tagen per Mail – Tilman Rentel, der Ausbildungsleiter der Graduiertenausbildung, hatte sie rumgeschickt und um Antwort gebeten. Da wir uns ja meist mit den Auswirkungen der Gespräche auf unseren Gesprächspartner beschäftigen, finde ich es einen netten Gedanken, mal den Blick nach innen bzw. auf mich zu richten. Eine Innenschau gewissermaßen. Den folgenden Text habe ich viel nachzudenken niedergeschrieben, und beschloss dann, ihn so stehen zu lassen. Obwohl es mir schwer fiel – zu ungeordnet folgen manche Gedanken einander, zu wenig schlüssig mögen manche Stellen sein. Sei’s drum. Lediglich Tippfehler bemühte ich mich auszubessern.

Bild von Andre Mouton auf Pixabay

Das erste, das mir einfällt, ist Berührtheit. Stille im Gespräch nach Äußern eines Gedankens; Momente, in denen etwas scheinbar Kleines zu etwas Großem, Bedeutungsvollen heranwächst. Das ist wunderschön zu erleben. Aber auch zu hören oder sogar irgendwie zu spüren, welche Schwierigkeiten mein Gegenüber zu bewältigen hat, welche Wertvorstellungen ihn oder sie antreiben, das Leben zu meistern, berührt mich oft.

Und ich empfinde viele Gespräche als Bereicherung, ich darf teilhaben an so vielen verschiedenen Blicken auf die Welt, darf durch die Erzählungen so viel Neues erfahren. Die Welt erscheint mir dann wieder ein Stück wunderbarer, und ich staune, über was sich Menschen alles Gedanken machen können.

Mir fällt ein Satz ein – ich weiß nicht, woher er stammt, ev. Seneca oder Cicero, aber ich denke, er ist ziemlich sicher seit der Antike überliefert: „Ich bin ein Mensch, und nichts Menschliches ist mir fremd“. Wie komme ich auf diesen Satz? Genau: bislang hatte ich niemals das Gefühl, dass ich etwas mir komplett Fremdes hören würde. Die Prämisse der „guten Gründe“ (Jeder Mensch hat gute Gründe, sich genau auf seine Weise zu verhalten) macht es mir zusehends schwerer, das Verhalten von Menschen zu verurteilen. Oder besser gesagt ich trenne: Das Verhalten eines Menschen kann ich ablehnen oder auch verurteilen, aber nicht den Menschen an sich. Ist schwer in Worte zu fassen.

Je mehr Gespräche ich führe, desto weniger schrecke ich vor schwierig anmutenden Themen zurück. Und ich verabschiede mich immer mehr davon, etwas Bestimmtes erfahren oder erreichen zu wollen – irgendwie, so mein Eindruck, bin ich gelassener geworden. Vielleicht weil ich zusehends Vertrauen in mich, in die Technik und vor allem in den Raum entwickle, den ich und mein Gegenüber aufspannen und gemeinsam halten, damit sich dort das zeigen kann, was in diesem einen Hier und in diesem einen Jetzt möglich ist.

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