Übungsgruppen-Gedanken: Reflexions- und Feedbackrunden

Übungsgruppen-Gedanken: Reflexions- und Feedbackrunden

Eine der größten Lernmöglichkeiten in Übungsgruppen ergeben sich durch die Runden nach einem Gespräch. In diesen Runden können Fragen gestellt oder Hypothesen geprüft werden. Wir können erzählen, was das Gehörte in uns bewegt hat, und einbringen, wie wir an dieser oder jener Stelle gefragt oder im Gespräch weitergegangen wären.

Bei diesen Runden lege ich großen Wert auf gewisse Regeln – ich habe das eine oder andere Mal erlebt oder miterlebt, wie zu sorglos moderierte Runden sich nachteilig oder verletzend ausgewirkt haben, und dieses Risiko will ich vermeiden. Das Gespräch findet in einem geschützten Rahmen statt, und diesen Schutz möchte ich auch auf die Nachbesprechung ausgeweitet wissen.

Dabei mischt sich ja oft zweierlei: Einerseits die Gedanken, Gefühle, Bilder, die das Erzählte bei mir als Zuhörer ausgelöst hat, andererseits technische Fragen in Richtung der fragenden Person. Das schöne ist: wir müssen hier nicht differenzieren, denn die Art des Feedbacks bleibt gleich – eigentlich ist es ja Ausdruck einer respektvollen, eigenverantwortlichen Grundhaltung.

Was sind nun also diese Regeln?

„Wenn Ihr eine Rückmeldung gebt: sagt sie dem Coach des Gesprächs, also mir. Die beiden hier (also ErzählerIn und FragerIn) sollen die Freiheit haben, zuhören oder ihren eigenen Gedanken nachhängen zu können. Und wenn ihr sie nun direkt ansprecht oder befragt, dann ist das nur schwer möglich. Wenn Ihr das ganz besonders sauber machen wollt: schaut dabei mich an und redet von den beiden hier in der dritten Person.“

Soll ein gutes Gespräch, das vielleicht sogar hilfreiche neue Blickwinkel auf Situationen beinhaltete, innerlich gut weiterwirken können, dann braucht es eine Weile Ungestörtheit. Nun ja, ganz ungestört sind wir ja in der Übungsgruppe nicht, aber durch diese Wahl der Adressierung geben wir doch zumindest ein gewisses Maß an Wahlfreiheit.

„Bleibt immer bei Euch. Bei den Feedbacks erzählt ihr von Euch, von Euren Beobachtungen und Wahrnehmungen. Versucht zu unterscheiden, was ihr z.B. gesehen habt und was Eure Wahrnehmung, Eure Interpretation dazu ist. „

Diese Regel habe ich im Authentic Movement als „Zeugenschaft“ kennengelernt und 1:1 in unsere Runden übernommen. Wenn ich dezidiert von meinen Wahrnehmungen erzähle, dann ist die Gefahr geringer, Zuweisungen zu machen. „Da war der Erzähler traurig“ kann beim Erzähler Widerspruch hervorrufen, wenn er die Situation anders in Erinnerung hat – Ein „Ich hatte den Eindruck, dass der Erzähler da traurig war“ dagegen kommt ganz anders an, es stülpt dem anderen nichts über.

Und wenn wir diese kleine Sequenz noch verfeinern wollen, könnten wie noch die Beobachtung von der Wahrnehmung trennen: „Ich habe gesehen, dass der Erzähler Tränen in den Augen hatte. Die Stimmer ist leiser geworden an dieser Stelle. Ich hatte den Eindruck, er war traurig.“

Und noch einen Grad feiner wird das Feedback, wenn ich noch weiter in mich hineinlausche und von meinem eigenen Mit-Erleben („präverbale Wahrnehmung“, die Spiegelneuronen lassen grüßen!) erzähle. Dann könnte aus dem „Ich hatte den Eindruck, er war traurig“ ein „Da habe ich in mir so etwas wie Traurigkeit gespürt.“

Und wenn ich eine Frage zur Gesprächsführung habe, dann kann ich das ja auch ganz wunderbar mit diesen Regeln machen. Mal ein plakatives Beispiel (das tatsächlich einmal in etwa so geäußert wurde): „Du hast ja gar keine idiolektischen Fragen gestellt!“. Das ist alles andere als wertschätzend, finde ich. Wie kann man das entschärfen? Zuerst einmal dadurch, dass man nicht den Befragenden selbst adressiert (Regel 1) und durch eine differenzierte Darstellung des Sachverhalts: „Die Fragen griffen Worte auf, die aus dem Problemkontext stammen.“. Dies gekoppelt mit einer Verbalisierung der eigenen Vorstellung „Ich habe im Kopf, dass wir in der Idiolektik immer schauen, auf die Sonnenseite zu kommen.“ führt dann zur einfachen, klassisch-idiolektischen Frage „Kannst Du mir dazu etwas sagen?“. Diese Frage kann dann entweder der Coach direkt beantworten, oder er gibt sie an die fragende Person weiter. Ich finde, das fühlt sich doch schon ganz anders an, oder?

Die dritte Regel stammt ebenfalls aus dem Authentic Movement:

„Das Gespräch dauerte 20 Minuten, d.h. wir haben knapp 20 Minuten Zeit für die Runde. Es wird nicht länger über eine Gespräch geredet, als es gedauert hat.“

Mit hilft diese Regel sehr, da so vermieden wird, dass etwas „zerredet“ wird. Wenn in der Runde eine technische Frage angesprochen wird, deren Beantwortung längere Zeit in Anspruch nehmen würde, notiere ich sie und beantworte sie im Anschluss an die Runde.

Ja, das war es auch schon. Für mich sind diese Regeln haltgebend und eine gute Übung für differenzierte Beobachtung. Darum werde ich sie wohl beibehalten…

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