Dimensionen (nicht im lexikalischen Sinne)

Dimensionen (nicht im lexikalischen Sinne)

Dimensionen sind hier nicht im lexikalischen Sinne („Ausdehnung, Abmessung eines Körpers nach Länge, Breite und Höhe“ bzw. „Ausmaß oder Umfang„) gemeint, sondern als Sphären des Gespräches. Natürlich sind diese Sphären nicht strikt voneinander getrennt, sondern durchdringen einander, aber zum Veranschaulichen werde ich mir hier drei getrennt herauspicken. Diese bewusst wahrzunehmen hilft zumindest mir dann und wann, mir des Repertoires möglicher Fragen bewusst zu werden.

Raum

Bild von Kai Reschke auf Pixabay

Da ist zum Beispiel die räumliche Dimension. Sie besteht aus einem links, einem rechts, vorne, hinten, darüber, darunter, darin, rundherum… Sie ist dann stark im Vordergund, wenn wir konkrete Dinge oder Bilder beschreiben. Bei dieser Dimension hilft es mir beim Suchen von Fragen, mir das Erzählte einfach bildlich vorzustellen. Ich male mir das Ding, das Bild vor meinem inneren Auge aus, und frage dann nach Details, die ich noch nicht aus dem Erzählten ableiten konnte.

Schauen wir uns ein exemplarisches Beispiel an:

„Und auf dem Tisch, da haben sie immer so eine Schüssel stehen gehabt, da durften wir uns als Kinder dann immer was rausnehmen.“

Gesprächsausschnitt

Wir haben also einen Tisch, darauf eine Schüssel mit einem unbekannten Inhalt, und Kindern, die sich den Inhalt rausnehmen durften. Ich habe da sofort die Phantasie eines Tisches im Wohnzimmer, auf dem eine Porzellanschale mit Süßigkeiten ist, und Kinder so im Volksschulalter bevölkern die Szenerie. Dieses Phantasiebild stelle ich jedoch hintan und lasse mir das Bild des Anderen beschreiben.

  • Kannst Du mir die Schüssel genauer beschreiben?
    Wie hat die Schüssel ausgesehen?
    Was war das für eine Schüssel?
  • Was war in der Schüssel drin?
    Was habt ihr euch da rausgenommen?
  • Was war da noch so auf dem Tisch?
  • Was war das für ein Tisch?
    Wo steht der Tisch?
  • Wie alt waren diese Kinder?
    Wer gehörte zu diesem „Wir“ dazu?

Zeit

Bild von Rudy and Peter Skitterians auf Pixabay

Der zeitliche Aspekt kommt dann ins Spiel, wenn Bewegung in die Szenerie kommt. Sobald Bewegung da ist, gibt es ein Vorher und ein Nachher, aber auch ein Nebenher, und aus einem „Vorne“ und „Hinten“ der räumlichen Dimension wird ein „Wohin“ und ein „Woher“, es gibt Kausalitätsketten und Handlungen, die man sich genauer beschreiben lassen kann, so wie vorher statische Objekte.

„Dann bin ich raus gelaufen und auf den Baum geklettert.“

Gesprächsausschnitt

Meine Phantasie zeigte mir, als ich das hörte, ein kleines Gartenhaus, von dem aus ein kleiner Trampelpfad zu einem Kirschbaum führt, der zum Klettern einlädt. Es ist immer wieder nett festzustellen, wie schnell wir da mit unseren eigenen Bildern zur Hand sind, bzw. wie wir das Gehörte mit unseren eigenen Vorlieben und Erlebnissen zu einem Ganzen zu verbinden trachten. Das lässt sich kaum vermeiden, denke ich, und es macht Spaß, sich fragenderweise die Szenerie aus der Sicht des Erzählers schildern zu lassen.

  • Und wo warst du vorher?
  • Von wo bist du da rausgelaufen?
  • Und als du dann auf den Baum geklettert bist – was war dann?
  • Wie hast Du das gemacht, auf den Baum zu klettern?

Außen und Innen

Bild von Steve Bidmead auf Pixabay

Es gibt eine Außenwelt und eine Innenwelt. Die beiden stehen in regem Austausch miteinander – sie trennen zu wollen würde den Kenntnissen der Neurobiologie zuwider laufen. Indem ich beschreibe, was ich wie von der Außenwelt wahrnehme, gebe ich auch einiges von dem preis, was meine inneren Haltungen, Werte und Geschichten angeht.

Über das Außen zu reden fällt im Allgemeinen leichter, da ist eine gewisse Distanz, ein Abstand, und es ist ja auch nicht zwingend nötig für ein qualitatives Gespräch, explizit über die Innenwelten zu reden. Aber manchmal landen wir halt genau dort. Meist wird dieser Wechsel vom Außen in das Innen begleitet von einer Verlangsamung der Sprache, längeren Pausen, geänderter Stimmführung etc.

Aber auch in der Innenwelt gibt es Bilder und Szenerien, die man sich beschreiben lassen kann, und Abfolgen von Handlungen, die man erfragen kann. Die Innenwelt beinhaltet die individuellen Bedeutungen der Dinge der Außenwelt – diese Bedeutung zu erfragen kann manchmal hilfreich sein.

Hier ein kleiner Gesprächsausschnitt, der einen möglichen Übergang von der Außen- in die Innenwelt anzeigt. Es obliegt der Erfahrung, Einschätzung und Intuition des Fragenden, ob er hier quasi in der Außenwelt bleibt, oder einen Wechsel für angemessen hält.

„Und wenn ich dann so die Möwen sehe, wie sie da so kreischen und fliegen, dazu so diese brackige Luft… irgendwie macht mich das sehnsüchtig nach irgendetwas, das ich nicht habe, aber ich weiß nicht, was es ist.“

Gesprächsausschnitt
  • Was hat es mit diesen Möwen auf sich?
  • Wenn Du dieses Bild so anschaust… die fliegenden Möwen, ihr Kreischen, die brackige Luft… diese Sehnsucht… Was geht Dir da durch den Sinn?
  • Kannst Du mir dieses „sehnsüchtig“ näher beschreiben?
  • Wenn Du Dich das so sagen hörst…
    • … was macht das mit Dir?
    • … was denkst Du da?
    • … was geht Dir da durch den Kopf?

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