Interventionen
Das Verb „intervenieren“ bedeutet „in ein Geschehen eingreifen“. Es wird häufig im politischen und gesellschaftlichen Kontext verwendet. Wer interveniert, greift in einen Sachverhalt oder einen Vorgang ein, um eine Änderung zu bewirken.
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Idiolektik ist vom Pinzip her eine minimalinvasive Form der Gesprächsführung. Minimalinvasiv, weil -so sehr wir uns als Fragenstellende auch an die Worte des anderen halten mögen- wir eine Auswahl treffen und eine Frage formulieren, mit der wir in das Gesprächsgeschehen eingreifen. Kommunikation ohne Intervention ist so gesehen gar nicht möglich.
Wenn wir also schon nicht ohne Intervention auskommen, so sollte diese zumindest möglichst professionell und angemessen ausfallen. Und die Angemessenheit ist situationsabhängig.
Ist das Gespräch gut im Fluss, so sehe ich für mich keine Notwendigkeit, diesen Fluss durch stärkere Interventionen zu stören. Es kann sogar sein, dass sich die erzählende Person im Nachhinein gar nicht an alle Fragen erinnert, da diese sich wie selbstverständlich in den Strom eingefügt haben.
In Situationen, wo sich das Gespräch z.B. im Kreis dreht, nutze ich etwas stärkere Interventionstechniken, die sozusagen als Kristallisationspunkte dienen können. Solche Interventionen sind wie kleine Erhöhungen oder Vertiefungen auf einem ansonsten ebenen Weg, den ich gehen kann, ohne ihm Aufmerksamkeit zu schenken – die Füße marschieren wie von selbst. Komme ich aber an eine kleine Senke oder Erhöhung, wird eine kleine Irritation gemeldet und die Aufmerksamkeit kurz auf den Weg gelenkt, bevor ich wieder meinen Rhythmus finde.
Ein kleines Beispiel: In einem Gespräch äußerte mein Gegenüber immer wieder, wie unsicher er im Umgang mit anderen Menschen sei, betonte aber, dass diese dies aber nie bemerken würden, worauf er mehrmals mit einem gewissen Stolz verwies.
„Und die bemerken es nicht einmal (lacht), ich bin scheinbar ein verdammt guter Schauspieler!“ – „Und wo liegt dann das Problem? Das hört sich doch wunderbar an!“ – (Pause) – „Hmm, nein, es… Das Schauspielen macht mich müde, das mag ich nicht mehr.“
Gesprächsauszug
Durch diese Intervention sah sich mein Gegenüber veranlasst, die provokative Bemerkung richtigzustellen, Stellung zu beziehen und den Sachverhalt genauer zu erläutern. Dass das Schauspielen müde machen würde, war bislang nicht Thema gewesen.
Das Spektrum der Interventionen ist weit. Angefangen bei den sich nahtlos in den Verlauf einordnenden geht es über kleine Irritationen bis hin zu beabsichtigten Provokationen, die schon ein gefestigtes Vertrauen in der Beziehung voraussetzen.
Das Beherrschen von Interventionstechniken kann Gespräche lebendiger machen, und erweitert das Repertoire möglicher Reaktionmöglichkeiten auf das Erzählte.
Ich bin fast versucht zu sagen: Interventionen sind die Gewürze, mit denen wir Gespräche verfeinern können. Das wäre doch mal ein interessanter Gedanke: die Interventionstechniken Gewürzen zuzuordnen. Wer weiß, vielleicht mache ich das einmal…
Eine Bemerkung zum Schluss:
Eine Auflistung etlicher Interventionstechniken findet sich im Buch „Idiolektik: richtig fragen“ (Horst Poimann, ISBN 978-3-930823-70-3), ergänzt von kleinen Gesprächsbeispielen.