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Kategorie: Idiolektik

Texte über Idiolektik

Interventionen

Interventionen

Das Verb „intervenieren“ bedeutet „in ein Geschehen eingreifen“. Es wird häufig im politischen und gesellschaftlichen Kontext verwendet. Wer interveniert, greift in einen Sachverhalt oder einen Vorgang ein, um eine Änderung zu bewirken.

https://neueswort.de/intervenieren
Bild von Lerkrat Tangsri auf Pixabay

Idiolektik ist vom Pinzip her eine minimalinvasive Form der Gesprächsführung. Minimalinvasiv, weil -so sehr wir uns als Fragenstellende auch an die Worte des anderen halten mögen- wir eine Auswahl treffen und eine Frage formulieren, mit der wir in das Gesprächsgeschehen eingreifen. Kommunikation ohne Intervention ist so gesehen gar nicht möglich.

Wenn wir also schon nicht ohne Intervention auskommen, so sollte diese zumindest möglichst professionell und angemessen ausfallen. Und die Angemessenheit ist situationsabhängig.

Ist das Gespräch gut im Fluss, so sehe ich für mich keine Notwendigkeit, diesen Fluss durch stärkere Interventionen zu stören. Es kann sogar sein, dass sich die erzählende Person im Nachhinein gar nicht an alle Fragen erinnert, da diese sich wie selbstverständlich in den Strom eingefügt haben.

In Situationen, wo sich das Gespräch z.B. im Kreis dreht, nutze ich etwas stärkere Interventionstechniken, die sozusagen als Kristallisationspunkte dienen können. Solche Interventionen sind wie kleine Erhöhungen oder Vertiefungen auf einem ansonsten ebenen Weg, den ich gehen kann, ohne ihm Aufmerksamkeit zu schenken – die Füße marschieren wie von selbst. Komme ich aber an eine kleine Senke oder Erhöhung, wird eine kleine Irritation gemeldet und die Aufmerksamkeit kurz auf den Weg gelenkt, bevor ich wieder meinen Rhythmus finde.

Ein kleines Beispiel: In einem Gespräch äußerte mein Gegenüber immer wieder, wie unsicher er im Umgang mit anderen Menschen sei, betonte aber, dass diese dies aber nie bemerken würden, worauf er mehrmals mit einem gewissen Stolz verwies.

„Und die bemerken es nicht einmal (lacht), ich bin scheinbar ein verdammt guter Schauspieler!“ – „Und wo liegt dann das Problem? Das hört sich doch wunderbar an!“ – (Pause) – „Hmm, nein, es… Das Schauspielen macht mich müde, das mag ich nicht mehr.“

Gesprächsauszug

Durch diese Intervention sah sich mein Gegenüber veranlasst, die provokative Bemerkung richtigzustellen, Stellung zu beziehen und den Sachverhalt genauer zu erläutern. Dass das Schauspielen müde machen würde, war bislang nicht Thema gewesen.

Das Spektrum der Interventionen ist weit. Angefangen bei den sich nahtlos in den Verlauf einordnenden geht es über kleine Irritationen bis hin zu beabsichtigten Provokationen, die schon ein gefestigtes Vertrauen in der Beziehung voraussetzen.

Das Beherrschen von Interventionstechniken kann Gespräche lebendiger machen, und erweitert das Repertoire möglicher Reaktionmöglichkeiten auf das Erzählte.

Ich bin fast versucht zu sagen: Interventionen sind die Gewürze, mit denen wir Gespräche verfeinern können. Das wäre doch mal ein interessanter Gedanke: die Interventionstechniken Gewürzen zuzuordnen. Wer weiß, vielleicht mache ich das einmal…

Eine Bemerkung zum Schluss:

Eine Auflistung etlicher Interventionstechniken findet sich im Buch „Idiolektik: richtig fragen“ (Horst Poimann, ISBN 978-3-930823-70-3), ergänzt von kleinen Gesprächsbeispielen.

Was sitzt da für ein Mensch?

Was sitzt da für ein Mensch?

Während der ersten Jahre, in denen ich regelmäßig Idiolektikseminare besuchte, stellte unser Kursleiter zwischendurch immer wieder mal die Frage „Was sitzt da für ein Mensch?“. Ich kann heute nicht mehr sagen, was er damit bezweckte – leider. Vielleicht sollte ich ihn mal fragen… Aber ich merke, dass mir diese Frage gerade immer wieder in den Sinn kommt, und nehme das mal als Anlass, mir Gedanken über sie zu machen.

Bild von StockSnap auf Pixabay

Sobald mir ein Mensch etwas erzählt, stelle ich Hypothesen auf darüber, was ihn bewegt, was ihm wichtig ist und mache mir ein Bild vom „wie er so ist“. Dies geschieht automatisch und unterhalb der Bewußtseinsgrenze. Unser Gehirn ist darauf spezialisiert, sich sehr rasch ein Urteil über die uns umgebenden Personen zu bilden. Können wir ihnen vertrauen? Wem gegenüber muss ich auf der Hut sein? Auch wenn diese Fragen heute vielleicht nicht die überlebenswichtige Relevanz haben wie zu Urzeiten, so hat sich unsere neurobiologische Struktur diese Fähigkeit erhalten und wendet sie laufend an – ohne uns um Erlabnis zu fragen.

Die Frage „Was sitzt da für ein Mensch?“ lässt mich innehalten und überlegen, welche Äußerungen, Anmutungen, Bewegungen meines Gegenüber zur meiner Gesamtwahrnehmung eines „wie er so ist“ führen. Das, was sonst unterhalb meiner Wahrnehmungsgrenze geschieht, kann ich nun bewusst beleuchten und hinterfragen. Darüberhinaus kann ich dann und wann erahnen, wie viel unsere Sprache über uns erzählt und preisgibt, weit über die konkrete Bedeutung der gesprochenen Worte hinaus.

Dabei meine ich weniger die Rückschlüsse, die sich rein analytisch ergeben könnten – also ob vornehmlich Verben oder Adjektive verwendet werden, ob die Sprache eher sachlich oder bilddurchwirkt ist. Sondern eher, welche inneren Bilder und Eindrücke in mir auftauchen, wenn ich jemandem zuhöre. Wie gesagt – es lässt sich nicht verhindern, dass ich mir ein Bild des anderen mache. Wenn wir es schon nicht verhindern können, können wir doch gelegendlich hinterfragen, was wir tatsächlich gehört und was wir hineininterpretiert haben – hier mal ein sehr simples Beispiel:

Feiertagsgespräche sind getragen von einer Geruhsamkeit.. Ich glaube, das ist das Geschenk, das Feiertage uns geben können… Dass im besten Falle nichts getan werden muss, sondern man die Muße hat, sich dem zu widmen, zu dem man sonst nur selten kommt. Und unter anderem sind das dann eben Gespräche, nicht? Also zurück zum Feiertag – ich freue mich einfach schon riesig, wenn… wenn ich wieder Leute zum Brunch einladen kann, und dann sitzen wir drei Stunden am gedeckten Tisch und knabbern uns so langsam durch und unterhalten uns dabei über Gott und die Welt.

Gesprächsausschnitt

„Was sitzt da für ein Mensch?“ Einer, der sich darauf freut, wieder Freunde treffen und auch bewirten zu können. Scheinbar hat er das sehr vermisst. Und die Geruhsamkeit kommt einmal explizit als Wort vor, zeigt sich aber auch in den erwähnten drei Stunden am gedeckten Tisch.

Was für Hypothesen könnte man nun aus dem Gehörten entwickeln? Ist er ein häuslicher Typ, da er gerne Leute einlädt und sie bewirtet? Lebt er alleine, da er die Freunde so vermisst hat? Hat er einen Hang zum Philosophieren, da von „über Gott und die Welt“ die Rede war? Ob er ein ruheloses Leben führt, dicht gepackt von Terminen vielleicht, weil ihm die Geruhsamkeit so wichtig ist?

Das Schöne an unseren Übungsgruppen ist, dass wir diese Frage laut stellen und uns darüber austauschen können – und dass wir die betreffende Person anschließend bitten können, etwas zu unseren Wahrnehmungen und Hypothesen zu sagen. Dabei ist es natürlich sehr wichtig, auf die eigene Sprache zu achten und stets Formulierungen zu nutzen, die anzeigen, dass ich von meinen Eindrücken rede, von meinen Bildern, die in mir aufsteigen. Tatsächlich sagt das, was ich als Beobachtung über die andere Person beschreibe, auch viel über mich aus. Denken wir an Hinz und Kunz. Zuweisungen und Etikettierungen sind tunlichst zu vermeiden, was mit ein wenig Übung auch gut gelingt.

Bei diesem Austausch über das „Was sitzt da für ein Mensch“ geht es mir vor allem darum, ein Gespür dafür zu bekommen, was ich höre und was ich daraus mache; was ich dem tatsächlich Gehörten alles aus meinen eigenen Erfahrungen, Wertvorstellungen und so weiter eingeflochten habe, um es dem Bild, das ich mir vom anderen mache, hinzuzufügen.

Bild von djedj auf Pixabay

Das kann richtig spannend sein!

Fenster und Türen

Fenster und Türen

Was haben Fenster und Türen mit Idiolektik zu tun? Nun, mit jeder Frage, die ich stelle, lade ich mein Gegenüber dazu ein, einen anderen Raum zu betreten oder zu beschreiben. Nehmen wir als Beispiel eine Sequenz aus einem vorigen Beitrag „Das scheinbar Einfache“:

„Kannst mit einen Kugelschreiber beschreiben?“ – „Naja, der ist aus Holz, so handgedrechselt, den hab ich auf einem Kunsthandwerksmarkt gekauft.“ – „Was gab es da noch auf dem Kunsthandwerksmarkt?“

Gesprächsauszug

Das Wort „Kunsthandwerksmarkt“ ist die Tür in einen anderen Raum, die Frage danach eine Einladung, mich in diesen Raum mitzunehmen. Und so kann ein Gespräch von Raum zu Raum führen, scheinbar ohne Ziel und ohne Ordnung, immer orientiert am Gesagten.

Bild von Manfred Antranias Zimmer auf Pixabay

Manche Räume haben auch Fenster, durch die man in andere Landschaften oder Räume blicken kann, ohne sie aber zu betreten. Es ist schwer in Worte zu fassen, was für mich diesen Unterschied ausmacht… Oft ist es ein Zögern in der Stimmmelodie, das mir anzeigt, dass wie hier metaphorisch vor einem Fenster stehen, nicht vor einer Tür. Es kann sehr hilfreich sein, durch ein Fenster auf etwas zu blicken und es aus sicherer Distanz zu beschreiben.

Manchmal können wir als Fragende helfen, aus dem direken Geschehen herauszutreten, Distanz zu schaffen und den Blick durch ein solches metaphorisches Fenster lenken:

Es ist alles so unglaublich eng und dicht. Da ist… weißt, da ist kaum Bewegung mehr möglich, und Überblick hab ich auch keinen.“ – „Wo müsstest Du sein, um Überblick zu haben?“ – „Keine Ahnung. Weiter weg halt.“ – „Und wenn Du weiter weg bist: wie schaut dieses eng und dicht aus?“ – „Witzig… eigentlich recht klein, ich hätte es mir größer vorgestellt.

Gesprächsauszug

Wie kann man noch einen „Blick durch ein Fenster“ initiieren? Zum Beispiel können wir unser Gegenüber bitten, eine Metapher oder ein Bild für eine belastende Situation zu finden.

(„Eng und dicht“ wurde in dem Gespäch mehrmals wieder aufgenommen) „Da ist es ja schon wieder, dieses eng und dicht!“ – „Wenn Du diesem eng und dicht so nachspürst… und es zeichnen würdest… wie würde dieses Bild wohl aussehen?“ – „Puh… ich kann nicht gut zeichnen. Aber so als erstes kommt mir ein Wollknäuel in den Sinn, also so ein… da sind ganz viele Fäden drin, nicht nur einer. Das sieht man an den, an den vielen Enden, die da so rausschauen überall.“ – „Was sind das für Fäden?“ – „Naja, ziemlich bunt auf alle Fälle. Einige sind dick, andere dünn, wahrscheinlich sind sie auch unterschiedlich lang, aber… aber das lässt sich nicht sehen.

Gesprächsausschnitt

Es fällt oft leichter, über diese entstehenden Bilder zu sprechen – sie sind konkret, man wahrt eine gewisse Distanz. Und wir als Fragende können sicher sein, dass eine oder mehrere Instanzen der/des Erzählenden alle möglichen Querverbindungen zu dem eigentlichen Thema machen.

Dann und wann dürfen wir teilhaben an einem Aha-Erlebnis, wenn plötzlich ein ganz neuer Blick auf etwas ermöglicht wird, und sich neue Spielräume eröffnen. Aber wesentlich öfter sind die Auswirkungen derartiger Gespräche, Bilder und Gedanken erst später spür- und erlebbar, und nicht immer kommen wir in den Genuß einer solchen unmittelbaren Teilhabe.

Auf alle Fälle erlebe ich diese Möglichkeit des „Blickens durch das Fenster“ immer wieder als sehr hilfreich bei Gesprächen. Dieser Abstand kann etwas Leichtigkeit und Entspannung bringen, und damit Zugang zu Verhaltensmöglichkeiten und Ressourcen ermöglichen, die im „mitten drin sein“ rein physiologisch nicht zur Verfügung stehen.

Eine wunderbare Sache, finde ich!

Türen in Gesprächen

Türen in Gesprächen

Ein idioektisches Gespräch verfolgt kein bestimmtes thematisches oder inhaltliches Ziel. Es ist daher nicht voraussehbar, wo wir während des Plauderns landen – wir lassen uns immer wieder und gerne davon überraschen, wohin uns das Aufgreifen von Schlüsselwörtern führt, und welche Erinnerungen, Erkenntnisse oder Ideen unterwegs hervortreten.

Ein solches Gespräch ist dann wie das Erforschen eines Zauberpalastes. Hast Du Michael Ende´s wundersame „Unendliche Geschichte“ gelesen? Da findet sich der Hauptakteur der Geschichte, Bastian Balthasar Bux, in genau einem solchen Palast wieder – jede Tür schaut anders aus, jede Tür verheißt andere Erfüllungen. Und so, anfangs fast traumwandlerisch und dann immer bewusster durch Tür und Tür schreitend, findet er sein nächstes Ziel.

Folgend sind mehrere Gespräche transkribiert, die alle mit der selben Frage (die bereits bekannte nach einem Kugelschreiber) starten, sich dann aber je nachdem, welches Wort aufgegriffen wird, in ganz unterschiedliche Richtungen entwickeln.

Wenn Du auf die betreffende Frage klickst, dann öffnet sich die jeweilige Anwort. Die meisten Antworten ihrerseits haben zwei weiterführende Fragen, usw. Diese Gespräche sind nicht alle auf einmal geführt worden, sondern es liegen Tage dazwischen. Nicht alle Gespräche sind hier bis zum Ende wiedergegeben, das hätte den Rahmen gesprengt – es geht ja vor allem darum zu zeigen, wie wir ungehemmt und freudvoll Worte aufgreifen und uns überraschen lassen, was uns als nächstes begegnet.

Viel Spaß beim Lesen!

? Magst mir einen Kugelschreiber beschreiben?

Naja, der ist aus Holz, so handgedrechselt, den hab ich auf einem Kunsthandwerksmarkt gekauft.

? Wie schaut das Holz aus?

So hell, helles Holz, mit dunkelbraunen Linien.

? Dunkelbraune Linien?

Ja, das sind entweder die Jahresringe, die da sichtbar werden, oder aber Pilze, die das Holz verfärben. Hat irgendeinen bestimmten Namen, den weiß ich aber nicht. Aber hier, das sind keine Jahresringe, diese Linien bilden so eine Art Netz, eine Straßenkarte fast. Vielleicht sind da die kleinen Holzbewohner entlanggefahren (lacht). Naja, auf alle Fälle ist es ein schönes Muster, das sich da bildet, das gefällt mir.

? Kleine Holzbewohner?

Ja, ich habe mir immer gerne Geschichten ausgedacht, also nicht immer, aber… Als die Kinder klein waren, haben wir Schatzsuchen gemacht, Zwergerlschatzsuchen, und da kam es auch mal vor, dass so ein Ast, also die Käferspuren darauf, eine Geheimschrift waren, und die Kinder mussten Aufgaben erledigen. Eine Brücke für Zwerge bauen, oder einen kleinen Staudamm, oder einen Tanzboden, ein Haus. Ich mag so Geschichten, Phantasiegeschichten, über unsichtbare Wesen.

? Was ist das Gute an Phantasiegeschichten?

Hmm… schwer zu sagen. Hat einfach Spaß gemacht sie zu erfinden. Und ich glaube schon irgendwie, dass… diese Geschichten, die… hmm… irgendwie denke ich, dass sie einen anderen Blick erzeugen, und dass wir dann Sachen nicht so als gegeben hinnehmen müssen. Weil im Grunde genommen, naja, eigentlich sind das ja Geschichten, die die Welt erklären auf eine andere Art als so im Alltag. Vielleicht hoffe ich einfach, dass diese Geschichten helfen, dass… dass die Kinder später einmal auch Dinge anders betrachten können.

? Wenn Du Dich das so sagen hörst… was denkst Du dann?

Naja, dass wir… ja, dass wir unsere Kinder schon… ich glaube, dass das ganz glückliche Erinnerungen für uns alle sind, auch für die Kinder. Tut gut, sich daran zu erinnern!

? Was gefällt Dir daran?

Es schaut schön aus, und wahrscheinlich ist es einfach so passiert. Da hat sich niemand hingesetzt und gedacht, so, jetzt mach ich mal ein Muster. So was passiert einfach, und irgendwie… Naja, solche Sachen gefallen mir. Sachen, die einfach so sind. Da muss man nix verbessern oder so… Naja, der Stift ist schon geschliffen und poliert, aber… Das hat mit dem Muster nix zu tun, dadurch kommt nur das, was eh schon da ist, schöner heraus… Besser zur Geltung. Vielleicht ist es das, dieses nicht selbst was machen, sondern das was eh schon da ist, zur Geltung zu bringen.

? Was ist da noch?

Da sind noch Messingteile. Der Mittelring, und da wo die Mine rauskommt, so ein Kegel ist da, und am andere Ende der Knopf, mit dem man die Mine so rein und raus klicken kann. Und da oben ist dann auch der Klip befestigt, also so eine Halterung, damit man das Ding dann auch festklippen kann.

? Und wie kann ich mir die Form vorstellen?

So doppelt geschwungen, also, so in der Mitte ist er am dünnsten, so tailliert. Und der Teil, den man hält, der ist ein bißchen dicker als der andere Teil, der da oben, der so zwischen dem Daumen und dem Zeigefinger zu liegen kommt. Das ganze ist recht schwer, also ich war… ich war überrascht wie schwer das Ding war, also das liegt richtig schwer in der Hand, also für einen Kugelschreiber. Aber dafür, also wegen dem Schweren, kann man… hab ich den Eindruck, dass ich auch schöner schreiben kann.

? Es liegt schwer in der Hand?

Ja, da… da spüre ich, dass… Ich hab das Gefühl, dass ich dann langsamer werde, ruhig irgendwie. Ist ganz angenehm, meistens jedenfalls. Ich mag halt schwere Dinge(lacht)… als ich unsere erste Digitalkamera wollte ich die zuerst gar nicht haben, weil die so leicht war, das ging gar nicht für mich.

? Langsam und ruhig?

Ja, irgendwie bewusster, weißt du…? Das Schwere macht irgendwie, dass… ja, dass ich bewusster bei der Sache bin, und Bewusstsein macht langsam. Und tief irgendwie auch.

? Und wie ist das jetzt?

Naja, jetzt hab ich mich damit angefunden, dass auch gute, stabile Sachen leicht sein können. Aber bei manchen Sachen… finde ich es immer noch doof (lacht).

? Was gehört zum Schön schreiben dazu?

Naja, dass ich nicht stark aufdrücken muss, dass der Stift irgendwie über das Papier gleitet. Und dass der Strich gleich… Dass die Tinte gleichmäßig rauskommt und eine schöne Linie macht, so scharf abgegrenzt und… Bei manchen Kulis ist die Linie so ausgefasert, das macht die Schrift dann so blass. Das mag ich nicht. Hängt halt auch vom Papier ab, es gibt Papier, da verstopft die Mine schnell, da muss ich sie irgendwie reinigen, das ist dann lästig. Aber das ganz glatte Papier ist auch nicht optimal, da braucht…. da trocknet die Tinte nicht so schnell, da verschmiert halt das Geschriebene schnell, das ist doof. Und so glattes Papier… Ich finde, das greift sich auch nicht so schön an.

? Magst mir das scharf abgegrenzt beschreiben?

Na, das ist halt einfach so, dass die Linie ganz klar ist. Und eben regelmäßig. Beim Schreiben ist es… naja, es ist halt leichter zu lesen, wenn die Linie so scharf abgegrenzt ist, so genau definiert. Oder wenn man geometrische Muster hat, die… ja… die treten ja auch irgendwie dadurch hervor, dass sie eben abgegrenzt sind.

? Welches Papier greifst du gerne an?

Oh, ganz unterschiedlich… So ganz glattes Papier, das ist auch manchmal schön anzugreifen, aber irgendwie… ja, irgendwie fühlt sich das nicht zugehörig an, das passt einfach nicht zu mir. So Büttenpapier mag ich, das hat Struktur, das hat… hmm… Oder handgeschöpfte Papiere, solche mit sichtbaren Fasern drin, die finde ich super. Ich glaube, das sind meine Lieblingspapiere. Aber zum vielen Schreiben, also so für Tagebuch, taugen die nix, aber für so besondere Briefe oder so… dafür sind die einfach super!

? Handgedrechselt?

Ja, gedrechselt halt, aber nicht so voll automatisch, sondern da hat sich jemand hingestellt, das Holz ausgesucht, es gedrechselt und angepasst und so…

? Wie sucht man das Holz dafür aus?

Naja, so halt nach der Maserung und der Farbe. Und das Holz muss… es darf keine Risse oder so haben, sonst fliegt dir das Ding beim Drechseln um die Ohren. Ja, und es sollte nicht zu weich, also hart sein, sonst… ich denke, sonst bleibt es nicht lange schön.

? Maserung und Farbe?

Naja, es gibt halt Hölzer, die haben jetzt nur wenig Farben, aber eine schöne Maserung, eben zum Beispiel so mit Linien, und andere Hölzer, wow, die können verschiedene Farben haben, so gelb bis blau oder violett in einem kleinen Stück, das ist schon was Besonderes.

? Das klingt, als hättest Du Dir schon Gedanken dazu gemacht…

Ja, ich hab mir vor paar Monaten eine Drechselbank gekauft, eine kleine. Und dazu so einen Satz, ein Set für Kugelschreiber. Aber dazu bin ich noch nicht gekommen, das braucht doch mehr Übung als ich habe, also ich drechsle ja nicht oft, aber es macht schon Spaß… Zu Weihnachten, also ich hoffe, dass… Es wäre super, wenn ich es schaffe, paar Kugelschreiber zu machen als Weihnachtsgeschenk.

? Wie geht drechseln?

Hmm… Du brauchst eine Drechselbank, in die du ein Stück Holz spannen kannst, so links und rechts halt, und das dreht sich dann (Die Arme und Hände unterstützen in dieser Sequenz die getätigten Beschreibungen). Beim Holz hast du dann so eine Auflage, die man… die verstellbar, also die kann man so nach oben und unten oder auf die Seite bewegen. Auf die kommt dann das Werkzeug, wenn Du Holz abträgst.

? Wenn Du das so erzählst, habe ich den Eindruck, als hättest Du das schon einmal gemacht.

Ja, das stimmt, ich hab vor einiger Zeit eine kleine Drechselbank für die Werkstatt gekauft. Ja, und seitdem mache ich das eine oder andere, so Kleinigkeiten wie Kreisel, oder kleine Leuchtobjekte, oder aber neulich hab ich einen so Querholm für einen Spaten gemacht, der verloren gegangen war.

? Leuchtobjekte?

Ja, da habe ich das eine oder andere versucht. Weißt, man kann ja Risse im Holz mit Farbe ausfüllen, so mit Epoxidharz, und das ist dann durchscheinend.Und wenn man jetzt so ein Stück Holz nimmt, das zum Beispiel durchgebrochen ist und dann… ja, dann das Ganze wieder mit diesem Harz zusammensetzt und schleift und so… dann kann man super eine Lampe reinsetzen, und das schaut dann ganz cool aus.

? Magst mir so ein Leuchtobjekt beschreiben?

Ja, also ich hab noch nicht viele gemacht. Das letzte ist so ein Drachenei, also ein Stück Holz als Basis, das ist so zerfasert und so… und darauf ist ein Ei eben aus Epoxidharz. Diese Splitter vom Holz ragen quasi ins Ei rein, das Ei ist so grünlich-bläulich, und wenn man da reinschaut… da… das schaut aus als wären da Berge oder eine Stadt mit Wolkenkratzern. Nächstes Mal, da werde ich dafür sorgen, dass das Harz keine Blasen hat, jetzt… naja, es war ein erster Versuch, dafür ist es schon ganz gut gelungen.

? Was findest Du daran cool?

Habe ich cool gesagt (lacht)? Naja, so Holz mag ich halt total, und wenn man so Holz und dieses Harz kombiniert und dann beider schleift und poliert… dann ist das so ein… ja, da ist auf der einen Seite das Holz, mit seiner Maserung, und andererseits das Harz, das kann man färben, und so Muster reinzaubern, wenn man das kann. Das Holz schaut irgendwie real aus, und diese Harzmuster irgendwie märchenhaft, das Holz wird auch märchenhaft dadurch irgendwie, wenn man es so halt durch das Harz durch sieht. Vor allem, wenn es dann leuchtet.

? Querholm für einen Spaten?

Ja… Spaten haben ja anders als Wurfschaufeln oben so ein T-Stück, eben einen Querholm. Damit man das Ding besser anfassen kann beim in die Erde stechen, und der ist halt bei einem abgegangen, und ich habe einen neuen gedrechselt. Der schaut halt anders aus als das Original, aber mir taugt der mehr.

? Was ist eine Wurfschaufel?

Na, halt eine Schaufel, so mit einem breiten Blatt und einem längeren Stiel, der glaube ich ein bisserl gebogen ist. Und die Schaufel, die hat einen Winkel zum Stiel, damit man… beim Spaten ist ja alles gerade, in einer Linie, damit man halt… den braucht man ja, um in die Erde zu stechen, und die Wurfschaufel, um zum Beispiel Sand oder Kies in eine Schubkarre zu füllen, und da… da ist so ein Winkel schon gut, dann muss man sich nicht so tief bücken.

? Wie schaut der aus?

Naja, breiter halt, dass man ihn gut mit zwei.. also mit beiden Händen halten kann. Und er ist ein bisschen geschwungen, also in der Mitte, da wo er im Spatenstiel steckt, da ist er am dicksten, dann wirds dünner und am Ende wieder ein bisserl dicker. Hat Spaß gemacht das zu drechseln… Zwar nicht perfekt, aber gut genug, und irgendwie… ja… irgendwie finde ich es ja schon toll, was man alles selbst machen kann…

? Was gab es da noch auf dem Kunsthandwerksmarkt?

Naja, so Filzsachen, Papierkunst, eben den Drechsler, und noch etliche andere. Eine Frau, die hat so aus Treibholz und Steinen total nette… so Schilder gemacht, die waren toll.

? Magst mir so ein Schild beschreiben?

Ja, da war zum Beispiel so ein altes Stück Holz, das war mal ein Brett, so total verwittert und so… Da hat sie ein Stück Ziegel draufgeklebt, das war auch total verwittert und abgerundet, und darauf so aus einem Spiraldraht ein Platz für eine Kerze, und mit so einer Schrift stand da ‘Herzlich willkommen’ drauf. Hat total nett ausgeschaut.

? Magst mir noch was zum verwittert sagen?

Ja… das sind halt so Sachen, die man sonst wohl wegschmeisst, weil die halt nicht mehr so schön sind, so wie man es halt gewohnt ist, so glatt und regelmäßig. Ich finde es ja total super, wenn jemand solche Sachen dann nochmals zum Leben erweckt, ihnen Platz gibt… Solche verwitterten Sachen können Geschichten erzählen… so wie Falten in einem Gesicht… die machen es ja auch interessant.

? Was macht es total nett?

Puh, schwer zu sagen. Dass da so wenige einfache Sachen so arrangiert sind… Ich kann gar nicht sagen, warum mir das gefällt. Ich mag ja auch gerne… Also ich verwende ja auch gerne alte Sachen, oder sammle sie, um was damit zu machen. Und bei diesem Schild… Wenn der Ziegel einfach so wo rumliegt, dann… Also… Naja, hier im Schild da wirkt er einfach so schön, gemeinsam mit diesem Draht und der Kerze und der Schrift. Wenn man wo genauer hinschaut, dann sind eh viele Sachen schön, die man sonst… Ja, die man sonst eben übersieht.

? Papierkunst?

Ja, so Sachen aus Papier… Mobiles aus so gefalteten Origamisachen, oder Blumen aus Papierbändern, so Papierschnüre, die sind gewickelt, gedreht, dann sind sie dünn wie eben Schnüre, und an kann sie aber auch auffalten, dann sind es eher Streifen, und da waren daraus unglaublich schöne Blüten.

? Magst mir so ein Mobile beschreiben?

Hmm… Das war ein Draht, so mehrere Drähte, die gerade waren, aber so einen leichten Bogen machten. Am Ende der Bögen hing je ein gefaltetes Irgendwas, und in der Mitte vom Bogen, also da war dann die Schnur, die das Ganze am oberen Bogen festgemacht hat.

? Was für Irgendwas waren das?

Ganz verschiedene. Bei dem einen waren es Tiere, so Drachen oder Kraniche. Eines, da hab ich an meinen Daste-Lehrer denken müssen, eines hatte lauter geometrische Körper. Wie heißen die… Pythagoräische Körper glaube ich heißen die, oder so ähnlich halt. Oder platonische Körper oder so…?

? Daste-Lehrer?

Ja, Darstellende Geometrie… Das war ein super Lehrer, voll begeistert von seinem Fach, aber auch unglaublich jähzornig. Da flog auch mal das große Geodreieck durch die Klasse… Er hat immer das Datum an die Tafel geschrieben, es angeschaut und dann irgendwelche Rechenspielchen damit gemacht, so in der Art von: Die Quersumme ist eine Primzahl und so… Und der hatte eben ein Faible für diese Körper, ich glaube, er hat sogar einen sozusagen erfunden oder irgendwie einen Nachweis für was geliefert, keine Ahnung. Auf alle Fälle war er total begeistert.

? Wie kann ich mir diese Körper vorstellen?

Naja, das sind Körper, deren Oberflächen alle aus nur einer Form bestehen – Wenn Du sechs gleichgroße Quadrate zu einem Körper zusammensetzt hast Du einen Würfel, das wäre dann so ein Körper. Oder vier gleichseitige Dreiecke, dann bekommst Du eine dreiseitige Pyramide, also einen Tetraeder. Ich glaube, es gibt nur eine Handvoll solcher Formen.

? Was für Blüten waren das?

Naja, Rosen waren dabei, und solche Kelchblüten, weiße mit so einem langen, gelben Stempel glaube ich heißt das. Kalla? Ja, und Mohnblüten, die mag ich so gerne, rote Mohnblüten. Hmm… Da waren… Komisch, mehr fällt mir nicht ein, aber da waren ganz sicher noch mehr. So Girlanden zum Aufhängen waren da, aber auch einzelne Blüten, so große, die man sich an… Zum Anstecken halt an die Bluse oder so.

? Kelchblüten?

Ja, das sind so… Manche Blüten haben ja ganz viele Blütenblätter, Rosen, Gänseblümchen und so, und manche haben nur ein einziges Blatt, das ist groß und fest und wie eine Tüte geformt, so wie ein Stanitzel, aber halt viel schöner, wie ein Trichter. Hmm…. Keine Ahnung, ob da wirklich nur ein Blütenblatt ist. Aber ich sag mal, es ist nur eines (lacht). Die haben dann so einen ganz anderen Charakter, die schauen einfach edel aus, so minimalistisch-elegant irgendwie.

? Du hast gelacht?

Ja, weil ich bin mir nicht sicher, ob das wirklich nur ein Blatt ist, und so einfach zu sagen, dass… Ja, das ist nur ein Blatt, das fand ich jetzt irgendwie witzig. So ein bisserl muss ich da an Pippi Langstrumpf denken, „ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt“. Weil… Für mich ist es nicht wichtig, ob es jetzt nur ein Blatt ist… Es reicht, dass es… Ja, dass… Wie soll ich sagen, dass ich halt glaube, dass es ein Blatt ist, weil so sehe ich es vor mir, das ist halt meine Blüte. Wäre ich Biologe, dann… Dann ginge das wohl nicht, denke ich, aber ich bin ja keiner, und so kann ich mir einfach sagen, ja, das Ding hat nur ein einziges Blütenblatt. Das gefällt mir.

? Minimalistisch-elegant?

Ja, es gibt so Eleganz, die braucht ganz viel rundherum, und eben eine, die mit wenig auskommt. Beides ist schön, aber das minimalistische, das hat was… Bei dem einen denkst Du Dir, was man noch dazugeben könnte, und beim anderen, was man noch weglassen könnte. Das eine wird halt üppig, das andere minimalstisch. Hmm… Schon irgendwie witzig, das so zu sehen.

? Was gefällt Dir an Mohnblüten?

Diese prächtigen Farben. Obwohl, am meisten mag ich die klassischen, roten. Diese zarten Blätter, so durchscheinend und so… Grün, rot, schwarz. Wenn da die Sonne draufscheint… Wow, Wahnsinn. So bunte Mohnfelder sich aber auch schön. Aber eher so als Ganzes, einzeln, da… Da finde ich einfach nur die roten so… Besonders irgendwie.

? Was ist, wenn die Sonne draufscheint?

Naja, da leuchten die Farben und… Wenn da noch ein leichter Wind weht, der das Ganze bewegt, so hin und her, das… Das finde ich einfach irre schön. Hat was friedvolles an sich, aber auch… Es gibt so Anblicke, die mich immer berühren, der Wind, der so Wogen, sich ausbreitende Wellen ins Feld zaubert, oder wenn Wellen plötzlich in einer ruhigen Wasserfläche auftauchen, durch den Wind, weißt du… Da könnte ich stundenlang zusehen… Da ist etwas Unsichtbares, und ich kann es nur sehen, weil es etwas bewegt… Und damit weiß ich ja auch… Ja, das weiß ich, dass das Unsichtbare trotzdem da ist, und das… Ja… Irgendwie ist das tröstlich, tut gut.

? Hast Du eine Phantasie, was sie so besonders macht?

Gute Frage… Das rot, das wirkt so stark, unbeugsam, stolz. Und diese so irrsinnig zarten Blüten… Da reicht ein Regenguss und Wind, und die sind voll zerzaust, und trotzdem… Dass diese Blüten in all ihrer Verletzlichkeit sich trotzdem so stolz zeigen, das berührt mich schon immer wieder. Vielleicht ist es das, ja…

Idiolektik

Idiolektik

Neulich bin ich über einen Satz gestolpert, der für mich ein schönes Bild beschreibt, was mich so an Idiolektik begeistert – und zwar in einer Beschreibung eines Märchens:

„Es handelt von Prinzessin Lekta, die die Kunst der magischen Fragen erlernen will und dabei phantastische neue Welten in ihren Gesprächspartner/innen und sich selbst entdeckt“.

Ich denke das trifft es ziemlich genau 🙂